"Sächsischer Kommunalfinanzausgleich – Fluch oder Segen für die Gemeinden?“

Am 22. Januar 2014 führte die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU Sachen (KPV), Kreisverband Landkreis Leipzig im Schloss Trebsen ihre Jahresauftaktveranstaltung unter dem Thema „Sächsischer Kommunalfinanzausgleich – Fluch oder Segen für die Gemeinden?“ durch.

Das auf den ersten Blick vielleicht trockene Thema, mit dem der Kreisvorsitzende der KPV, Herr Andreas Hörig, ins Jahr startete, lockte über 50 Besucher nach Trebsen und diese wurden nicht enttäuscht.

Der Einladung folgten unter anderem die Bundestagsabgeordnete Katharina Landgraf und die beiden Landtagsabgeordneten des Landkreises, Hannelore Dietzschold und Svend-Gunnar Kirmes. Die Hauptzielgruppe, Kommunalpolitiker aus Sachsen, waren im Publikum ebenso vertreten, wie Besucher aus Sachsen-Anhalt und Hamburg.

Das Publikum wurde nach kurzen einführenden Statements des Podiums in die lebhafte Diskussion mit einbezogen. Einführende Diskussionsbeiträge hielten Herr Klaus Hardraht, Staatsminister a.D, Herr Staatssekretär Hansjörg König vom Sächsischen Staatsministerium der Finanzen (SMF), der Landesvorsitzende der KPV Sachsen und kommunal- und innenpolitischer Sprecher der CDU Landtagsfraktion Christian Hartmann und der Neukieritzscher Bürgermeister Henry Graichen. Frank Lange, Bürgermeister a.D., in seiner aktiven Zeit selbst regelmäßig mit dem kommunalen Finanzausgleich konfrontiert, leitete die Diskussionsrunde souverän.

Den ersten Impulsvortrag gab Rechtsanwalt Klaus Hardraht, Innenminister a.D., der aufgrund seiner täglichen Beratungspraxis immer noch mit den aktuellen Fragen des Finanzausgleiches zu tun hat. Das sächsische Gesetz zum kommunalen Finanzausgleich sei im Grundsatz eine gute Lösung. Im Vergleich zu anderen Bundesländern sei Sachsen mit der klaren Grundsatzregelung und dem festen Verteilungsschlüssel gut gefahren. Geht es dem Freistaat finanziell gut, so geht es auch den Kommunen gut. Muss der Freistaat den Gürtel enger schnallen, müssen dies auch die Kommunen tun. Anders als zum Beispiel in Thüringen, gibt es im Grundsatz keine Probleme mit dem Gesetz.

Dennoch gäbe es in der Sache konkrete Themenbereiche, die gelöst werden müssten. So führt die zeitliche Verzögerung der "auf Spitz" Abrechnung insbesondere bei der sogenannten Reichensetuer dazu, dass es zu erheblichen Liquiditätsengpässen bei betroffenen Kommunen kommen kann. Ein weiterer schwieriger Bereich sei die Kreisumlage, die zwar nicht unmittelbar mit dem FAG zu tun habe, aber häufig dazu führe, dass den Gemeinden die zugewiesenen Mittel durch die Landkreise wieder abgezogen würden.

Als Hauptkritikpunkt führte Klaus Hardraht an, dass für kleine Gemeinden in strukturschwachen Regionen aufgrund des Systems im FAG benachteiligt würden. Wenn zusätzliche Einnahmen aus Gewerbesteuer oder andern Quellen fehlen, fehlen auch die Eigenmittel für andere Fördermaßnahmen. Herr Hardraht hat hier Bedenken, dass über das FAG die kleinen Gemeinden dazu gebracht werden sollen, sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen. Diese kann aber nicht Sinn und Zweck des FAG sein. Die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung muss dazu führen, dass auch kleine Gemeinden so gestellt werden, dass sie überlebensfähig sind.

Staatssekretär König blickte zunächst auf die Finanzen in Trebsen, die er als gut aufgestellt ansieht. Er schloss sich der Meinung an, dass die sächsische Regelung eine gute Regelung sei. Zu bedenken sei, dass derzeit die Finanzlage für das Land und die Kommunen sehr gut sei. Die Finanzen des Freistaates profitieren vom Länderfinanzausgleich. Diese Finanzquellen werden ab 2019 nicht mehr so reich sprudeln, hierauf müssen sich die Kommunen, wie der Freistaat, vorbereiten. Den Kommunen kommt hierbei aber die sich bessernde wirtschaftliche Lage, verbunden mit steigenden Gewerbesteuereinnahmen zu Gute.

Positiv am FAG sei zu werten, dass die Kommunen in der Verwendung dieser Mittel relativ frei seien. 88 % der Mittel können die Kommunen nach ihrer Entscheidung verwenden. Dadurch bestünden in den Gemeinden genügend Spielräume, die Mittel für die selbstgewählten politischen Ziele zu verwenden.

Der Landesvorsitzende der KPV stimmte in das Lob zum Gesetz ein. Das Gesetz habe einen klaren Grundsatz. Geht es dem Freistatt gut, geht es den Gemeinden gut und umgekehrt. Die Investitionsquote in sächsischen Kommunen läge bei 16 %, in Nordrhein-Westfalen nur bei 1%. Der Aufbau der Infrastruktur mache die Gemeinden fit für die Zukunft.

Neben dem FAG gäbe es weitere Finanzierungshilfen für die Gemeinden durch zahlreiche Förderprogramme. Beispielsweise für Stadtumbau, Schulbauten etc. Im Grunde seine die Gemeinden vom Freistatt gut ausgestattet, kleine Stellschrauben seien im Einzelnen zu klären und zu berücksichtige. Dazu findet auch dieses Jahr wieder die Abstimmung zwischen Landtag und Verwaltung statt und auch Veranstaltungen, wie die in Trebsen, dienen dazu, diese einzelnen Themenbereiche zu erörtern und aufzunehmen.

Bürgermeister Graichen stimmte der positiven Einschätzung ebenfalls zu. Insbesondere den Rechtsfrieden, der durch die sächsische Regelung geschaffen wurde, möchte er hervorheben. Durch die klare Regelung wissen Freistaat und Gemeinden was auf sie zukomme. Damit können Rechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinden und Freistaat, wie er in anderen Bundesländern durchaus üblich ist, unterbleiben. Es hat einmal die Fragestellung zur Reichensteuer gegeben, die aber vom Sächsischen Verfassungsgericht eindeutig beantworte wurde. Die seither bestehende Planbarkeit sei positiv.

Positiv sei auch der einfache Maßstab zur Bedarfsermittlung, der auf Einwohnerzahl und Schülerzahlen abstelle. weitere Kriterien bedürfe es nicht. Zwar wären diese in den Interessenverbänden, auch im Sächsischen Städte- und Gemeinderat diskutiert worden. Am Ende würde die Aufweichung der Kriterien bzw. die Einführung neuer Kriterien die Planbarkeit und Berechenbarkeit erschweren und letztlich zur Berücksichtigung von Einzelinteressen führen.

Zwei Themenbereiche, die nicht unmittelbar im FAG zu finden sind, die die Finanzausstattung der sächsischen Gemeinden jedoch stark berühren, sprach Henry Graichen noch an.

Die zurückgehenden Mittel aus dem Länderfinanzausgleich und der EU stellten ein erhebliches Problem dar. Die verminderte EU-Förderung für den Raum Leipzig sei nicht nachvollziehbar. Nur weil die wirtschaftliche Lage aus Sicht der EU in der Stadt Leipzig vergleichbar besser sei, was letztlich auf den Sitz der VNG in Leipzig zurückzuführen sie, begründet nicht, dass die wirtschaftliche Situation in Colditz, Geithain oder Torgau besser sein soll, als in Ostsachsen.

Die Gemeinden könnten auch keine weiteren Sparmaßnahmen ergreifen. Der sächsische Landesrechnungshog habe festgestellt, dass das Konsolodierungspotential der sächsischen Kommunen ausgereizt ist.

Die angesprochene Landkreisumlage sei darauf zurückzuführen, dass der Anstieg bei den Sozialausgaben höher sei, als der Anstieg der Einnahmen. Der Mehrbelastungsausgleich, der dabei Abhilfe schaffen soll, ginge von einer unrealistischen Effizienzrendite von 30 % aus, die in der Realität nicht erzielt werden könne.

Schließlich sie die Beteiligung des Freistaates an der Finanzierung der Kindertagesstätten faktisch zurück gegangen. Seit neune Jahren sei die vom Freistaat gezahlte Kitapauschale konstant. Da die Kosten erheblich gestiegen sind, wurde die ursprüngliche gleichmäßige Finanzierung (Gemeinden, Freistatt, Eltern) zu Lasten der Gemeinden verschoben.

An diesem Punkt setzte auch die Diskussion ein. Ludwig Martin (Bürgermeister von Borsdorf) erläuterte, dass insbesondere bei Krippenplätzen die Gemeinden sehr hohe Kosten zu tragen hätten, die nicht ausgeglichen würden. Auch die neu eingeführte doppelte Buchführung für Kommunen (Doppik) führe zu weiteren Problemen.

Das Podium nahm die Hinweise auf. Hinsichtlich der Kitapauschalen würden Diskussionen geführt, allerdings seien hier große Unterschiede zwischen den Ballungsräumen und dem ländlichen Raum zu erkennen, die zum Teil aufgrund der Pauschalierung hinzunehmen seien. Hinsichtlich der Frage, wie Abschreibungen sich in der Erfolgsrechnung nach Doppik auswirken, kündigte Staatssekretär König an, dass es dazu sicherlich noch Änderungen bzw. Verwaltungsanweisungen geben wird. Herr Hardraht nutzte die Möglichkeit, die Umsetzung der Doppik zu kritisieren. Das ursprüngliche Ziel, eine Vergleichbarkeit von öffentlichen Hauhalten herzustellen, sei dadurch ad absurdum geführt, dass jedes Bundesland eigene Ausführungsregelungen geschaffen habe.

Das Publikum diskutierte weitere Einzelfragen, die teilweise auch über Fragen zum Finanzausgleich hinausgingen. Das Podium ging auf die Themen souverän ein. Nach fast zweistündiger Diskussion endet die Veranstaltung.

Ein gelungener Auftakt in das Wahljahr 2014, der von der KPV Landkreis Leipzig mit weiteren Veranstaltungen zu aktuellen politischen Sachthemen fortgeführt werden wird. Und fast alle Gäste wünschen sich ein Wiedersehen im Schloss Trebsen.